Entschädigungsansprüche als Corona-Folge

17. April 2020 | Autor: WKG Ried

Coronavirus – legitimierter Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte

„Wenn er einen Staatsstreich machen wollte, hätte er als Instrument das Epidemiegesetz, sagte diese Woche ein Spitzenpolitiker abseits der Öffentlichkeit. Die sarkastische Bemerkung hat einen harten Kern: Das Gesetz zum Schutz vor Infektionen erlaubt dem Staat weitreichende Eingriffe in das Leben der Bevölkerung“
(Christoph Kotanko, Wenn das Coronavirus die Grund- und Freiheitsrechte angreift, OÖNachrichten, 14.03.2020).

Entschädigungsansprüche als Corona-Folge:

Das Epidemiegesetz 1950 gewährt für derartige Eingriffe insbesondere auch Entschädigungsansprüche für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, deren Betrieb aufgrund von bestimmten Krankheiten behördlich geschlossen wurde. In diesen Fällen hat die Allgemeinheit – der Staat – den damit verbundenen Verdienstentgang zu ersetzen. Der Verdienstentgang steht nach § 32 Epidemiegesetz für jeden Tag der behördlichen Schließung zu und bemisst sich nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen. Für Dienstnehmer wird auf das regelmäßige Entgelt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz abgestellt.

Wichtig: der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs muss bei sonstigem Erlöschen des Anspruchs binnen 6 Wochen vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirkshauptmannschaft geltend gemacht werden.

Der Gesetzgeber hat jedoch über Vorschlag der Bundesregierung durch das COVID-19-Maßnahmengesetz vom 15.03.2020 alle Entschädigungsansprüche für Betriebsbeschränkungen infolge des Coronavirus ausgeschlossen und die Bestimmungen des Epidemiegesetzes über die Schließung von Betriebsstätten für unanwendbar erklärt, wenn das Verbot des Betretens von Betriebsstätten durch Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ausgesprochen wird.

Mit anderen Worten: Erfolgt gemäß § 20 Epidemiegesetz auf Grund konkret bestimmter Krankheiten eine Betriebsschließung, steht voller Verdienstentgang zu. Von der Möglichkeit diese Maßnahmen auch auf COVID-19 auszuweiten sah der Gesetzgeber – trotz der in Abs.4 dieser Bestimmung vorhandenen Möglichkeit – bewusst ab. Im Gegenteil: Es wurde lediglich das „Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten“ untersagt, sodass keine derartigen Ansprüche geltend gemacht werden können! Beide Maßnahmen führen aber im Ergebnis dazu, dass die Betriebe nicht mehr weitergeführt werden können, also aufgrund einer behördlichen Maßnahme schließen müssen.

Die offensichtlich mit dem Zweck der Unterbindung von Entschädigungsansprüchen von Betroffenen (Unternehmen und Dienstnehmern) vorgenommene, künstlich anmutende Differenzierung zwischen Betretungsverbot einerseits und Betriebsschließung andererseits beschäftigt bereits den Verfassungsgerichtshof. Ob diese Maßnahmen der Bundesregierung mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechten (v.a. Gleichbehandlungsgebot, Verhältnismäßigkeitsprinzip, Willkürverbot, Recht auf Erwerbsfreiheit, persönliche Freiheit, Erwerbsausübungsfreiheit etc.) in Einklang stehen, wird aber wohl erst in einigen Monaten und nach Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof feststehen.

Empfehlung:

  • § 33 Epidemiegesetz sieht vor, dass alle Ansprüche auf Vergütung des Verdienstentgangs erlöschen, wenn sie nicht binnen 6 Wochen vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen geltend gemacht werden.

Es ist somit jedem Gewerbetreibenden und jedem Handelsbetrieb, die von Betretungsverbot (und der damit verbundenen faktischen Betriebsschließung) betroffen sind oder waren, zu empfehlen, Ansprüche auf Verdienstentgang fristgerecht bei der Bezirksverwaltungsbehörde (BH) geltend zu machen.

Derartige Ansprüche werden von der Bezirksverwaltungsbehörde unter Verweis auf das COVID-19-Maßnahmengesetz (§ 4 Abs. 2) aller Voraussicht nach abgelehnt werden. Nur eine fristgerechte Geltendmachung verhindert aber das Erlöschen dieser Ansprüche nach dem Epidemiegesetz und führt zu deren „Absicherung“ für den Fall der Aufhebung dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof.

Auch viele weitere Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 gelten für das Coronavirus bzw. die Erkrankung COVID-19: So beispielsweise die Anzeigepflicht oder die Möglichkeit, Kranke oder nur krankheits- oder ansteckungsverdächtige Personen „abzusondern“, also z.B. in Hausquarantäne zu stellen. Diese massive Einschränkung der persönlichen Freiheit kann schon aufgrund eines bloßen Verdachts durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft erfolgen, ohne dass konkrete Hinweise einer Erkrankung oder Ansteckungsgefahr z.B. nach einer Testung vorliegen müssen. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass eine Rechtsgrundlage dafür – die Absonderungsverordnung – aus dem Jahr 1915 stammt und grundrechtsspezifische Begriffe wie Verhältnismäßigkeitsprinzip, Willkürverbot und dergleichen in Kriegs- und Seuchenzeiten sicherlich anders ausgelegt wurden als heute. Ungeachtet eines hier zuerkannten Anspruchs auf Verdienstentgang kann von jeder abgesonderten/angehaltenen Person beim zuständigen Bezirksgericht die Überprüfung der Zulässigkeit und die Aufhebung der Freiheitsbeschränkung (!!!) beantragt werden (§ 7 Abs 1 a EpidemieG).

Muster für derartige Anträge stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung, bzw. finden sie solche z.B. unter https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/Formulare/Dokumente_BH_LL/formular_bh_e_57.pdf